G L O S S E
CD
von Elke Mudra
A
lso, ich sollte ja ei-
gentlich nicht da-
rüber
sprechen
und will mich auch
wirklich nicht be-
klagen. Mir geht’s gut. Ich habe
einen tollen Arbeitsplatz in ei-
nem wunderbaren Verlag und
alles ist schön. Eigentlich! Wohl-
gelaunt betrete ich unser Gebäu-
de. Bereits in der Empfangshalle
türmen sich riesige, absolut un-
bewegliche Kisten, in denen sich
ultimatives HiFi in Schwerst-
form befindet. Eine unserer lie-
ben Empfangsdamen wirft mir
ein freundliches „Ist alles für
euch“ hinterher.
Dennoch trete ich frohen Mu-
tes den weiteren Weg in die Re-
daktion an in der Hoffnung auf
einen noch hififreien Kaffee.
Weit gefehlt. Ich komme am
Büro unseres Chefredakteurs
vorbei, der mir bereits ein er-
schreckend munteres „Kannst
du dich gleich mal um die PRE-
MIUM PARTNER kümmern“
entgegenschleudert.
Jawoll, mach’ ich. Ich liebe mei-
ne PREMIUM PARTNER. Es ist
noch kein Kaffee gekocht. Und
unser Grafiker hat schon so oft
in dieser Woche welchen ge-
macht, dass er sich schlicht ver-
weigert.
Na gut - aber vorher geht das
Telefon. Ein fröhlicher Leser aus
Bayern meldet sich und braucht
ganz dringend in den nächsten
Sekunden einen Testbericht aus
1984. Natürlich. Ins Archiv ren-
nen, suchen, blättern, kopieren,
faxen - schließlich hat er mir
deutlich gemacht, dass es sozu-
sagen um Leben und Tod geht.
Jetzt aber ein Kaffee. Nein, das
Telefon klingelt. Die Nummer
Redaktionsassistentin bei STEREO-
ein Traumjob? Nicht nur! Oft ist es einfach
der ganz normale Wahnsinn
im Display sagt mir nichts. Es ist
wieder ein Leser. Er hat ein Pro-
blem. Ein noch viel größeres als
sein Vorredner mit dem Testbe-
richt. Er hat einen hässlichen
Flecken auf seiner letzten Stereo-
Ausgabe, weil das Booklet so
schlecht aufgeklebt war. Damit
hat er leider recht. Er möchte
nun aber auch ein grundsätzli-
ches Gespräch mit mir über In-
halt und Aufmachung unseres
Magazins führen und fordert die
sofortige Umsetzung seiner Vor-
schläge, da er sonst das Abo kün-
digt. Damit hat er nicht recht!
Aber grundsätzlich liebe ich
unsere Leser. Wirklich! Doch da
war doch noch was.
.. Ach ja, Kaf-
fee. Inzwischen ist die gesamte
Redaktionsmannschaft aus Hör-
raum, Fotoatelier und Messlabor
wieder eingetroffen. „Wir müs-
sen jetzt Vollverstärker hören“,
„Nee, ich hab’ mir eben die Kette
für den Lautsprechertest zusam-
mengestellt und angeschlossen“.
„Wie - die werden heute doch
erst fotografiert.“ „Hast du ge-
stern abend noch in den geilen
CD-Player‘reingehört - einfach
unglaublich.“ Plötzlich Stille.
Und einstimmig: „ Wo is’n der
Kaffee?“ Wie schön, dass es Din-
ge gibt, wo sich alle auf Anhieb
einig sind.
Post holen. Oh, wie hübsch.
Ein ganz lieber Leserbrief. Je-
mand, der sich bedankt. Kaum
zu fassen. Schön, dass da mal je-
mand unsere Mühe mit dem
schier unerschöpflichen Thema
HiFi und allem, was dazugehört,
anerkennt.
Aber nicht zu sehr ins Schwär-
men geraten - gleich ist nämlich
Redaktionskonferenz.
Dauert
wieder eine Ewigkeit. Hab’ ich
doch gewusst. Kaum bin ich an
meinem Platz, klingelt das Tele-
fon. „Ich versuche seit Stunden,
Sie zu erreichen. Aber Sie sind ja
nie da!“
Die ersten Geschichten sind
fertig zur Korrektur - auch mein
Job. Ich bin jedes Mal wieder ge-
spannt wie ein Flitzebogen, was
meine Jungs geschrieben haben.
Aber offensichtlich sind gerade
heute alle Durchgänge in diesem
Haus gesperrt, nur der durch
unsere Räume nicht. Ich lasse
unmissverständlich verlauten,
dass ich nun konzentriert und in
Ruhe lesen möchte. „Ja, natür-
lich.“ „Schon klar, kannst du
trotzdem mal eben.
.., hast du ei-
gentlich
schon.
.., denkst du
noch dran, dass.
..?“
Ich liebe sie alle. Meine Redak-
teure, unsere Leser, Hersteller
und Vertriebe, die Händler -
einfach alle. Und ich liebe HiFi!
Ziemlich spät abends komme
ich nach Hause. Es klingt gut, als
ich die Haustür öffne. Ein satter
Bass knallt mir aus dem Wohn-
zimmer entgegen. Die Chassis,
Gehäuseteile, Schrauben, Kabel,
Regler, Frequenzweichen und
Werkzeuge aller Art stören mich
nicht wirklich nach einem Tag
bei STEREO. Denn am meisten
liebe ich meinen Mann.
2/2009 STEREO HIFI-SPARBUCH 193
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